Überblick

Über 80 Weltläden gibt es in Hessen. Sie sind Fachgeschäfte für Fairen Handel, was bedeutet, dass man hier Lebensmittel und Kunsthandwerk kaufen kann, die zu 100% fair gehandelt sind. Der Ursprung der Weltläden liegt in der Fair-Handels-Bewegung, die in Deutschland aus den Protesten gegen einen ungerechten Welthandel und eine falsche Entwicklungspolitik in den 1970er Jahren hervorging. Stellvertretend für die vielfältige Weltladenszene werden in der Ausstellung "Hessen fairändert. Globaler Blick - Lokales Handeln" die Weltläden in Witzenhausen und Groß-Umstadt porträtiert. Auch Fair-Handels-Importeure, die ausschließlich fair gehandelte Waren vertreiben, gibt es in Hessen. Wie der Verein BanaFair e.V. aus Gelnhausen, der fair gehandelte Bio-Bananen aus Ecuador importiert. 

Neben dem Weg der „100% Fair-Händler“, die ihre Produkte hauptsächlich in Weltläden und über ihre Onlineshops verkaufen, gibt es den Handel mit Produkten, die das Fairtrade-Siegel tragen und vor allem in Supermärkten und Discountern verkauft werden. 


Was ist Fairer Handel?

Zunächst einmal: der Begriff fair ist rechtlich nicht geschützt. Jede*r kann ihn für alles Mögliche benutzen. Aber der Faire Handel hat eine klare Definition und unterliegt genau benannten Kriterien und Grundsätzen, deren Einhaltung überprüft werden. Die FINE-Definition (benannt nach vier internationalen Dachorganisationen des Fairen Handels FLO, IFAT, NEWS! und EFTA) charakterisiert Fairen Handel so:

Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzent*innen und Arbeiter*innen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit Verbraucher*innen) für die Unterstützung der Produzent*innen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels. 


In der Charta des Fairen Handels wird daran erinnert, dass Handelsbeziehungen überall auf der Welt lange Zeit von gegenseitigem Nutzen und Solidarität geprägt waren. Ein anderer Weg des Handelns ist nach der Überzeugung der Fair Handels-Bewegung als Alternative zum aktuellen Weltwirtschaftssystem möglich. Wie er aussehen kann, zeigt sie seit über 50 Jahren erfolgreich. Und so enthält die Charta eine Vision, an deren Verwirklichung Fair Handels-Aktive weltweit jeden Tag arbeiten:

Die Bewegung des Fairen Handels teilt die Vision einer Welt, in der sich Handelsstrukturen und –praktiken an Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und nachhaltiger Entwicklung orientieren, so dass alle Menschen durch ihre Arbeit einen angemessenen und würdigen Lebensunterhalt aufrechterhalten und ihr Potenzial voll entfalten können. 

Worum geht es beim Thema „Die Welt des Fairen Handels“?

- Überblick

- Was ist Fairer Handel?

- Die Grundsätze des Fairen Handels

- Mitmachen und informieren

- Geschichte des Fairen Handels

- Die Zwei Wege des Fairen Handels


Mitmachen und informieren

Welches Bild passt zu welchem Grundsatz? Die 10 Grundsätze des Fairen Handels findet ihr hier in 12 Kartenpaaren wieder (Es sind 12 Paare, weil einige der Grundsätze sehr umfangreich sind). Die Paare setzen sich aus je einem Grundsatz und einem dazu passenden symbolhaften Bild zusammen.


Die Grundsätze des Fairen Handels

Die World Fair Trade Organization (WFTO) hat 10 Prinzipien formuliert, die für eine Fair Handels-Organisation handlungsleitend sind. Der erste Grundsatz fordert, die Chancen für benachteiligte Produzent*innen zu erhöhen und damit ein Beitrag zur Bekämpfung von Armut und zur Unterstützung wirtschaftlicher Selbständigkeit zu leisten. 

Transparenz und Rechenschaftspflicht beschreibt ein wichtiges Prinzip, das zur Überprüfbarkeit und Glaubwürdigkeit des Fairen Handels beiträgt. Die Geschäftsführung und die Handelsbeziehungen im Fairen Handel sind für die Konsument*innen nachvollziehbar. Kommunikation findet auf allen Ebenen statt Händler*innen und Produzent*innen sind an wirtschaftlichen Entscheidungen beteiligt.

Faire Handelspraktiken schließen Profitmaximierung auf Kosten anderer aus. Im Zentrum des Handelns steht der Mensch und hier besonders das wirtschaftliche und das soziale Wohlergehen der Produzent*innen und der Schutz der Umwelt. So sind Vorauszahlungen für Waren, die noch produziert und geliefert werden müssen, möglich und üblich.

Faire Bezahlung beinhaltet einen Preis für die Waren, der die Produktionskosten deckt und darüber hinaus Ausgaben für einen guten Lebensstandard ermöglicht. Damit das gewährleistet werden kann, wird der Preis von Käufer*in und Verkäufer*in gemeinsam in einem offenen Prozess ausgehandelt. 

Keine ausbeuterische Kinderarbeit, keine Zwangsarbeit. Im Fairen Handel werden die Rechte von Kindern respektiert und ausbeuterische Kinderarbeit ist verboten. Zwangsarbeit ist ein Merkmal moderner Sklaverei. Die Fair-Handels-Organisationen stellen sicher, dass keine Zwangsarbeit bei den Handelspartnern vorkommt.

Versammlungsfreiheit, keine Diskriminierung, Geschlechtergerechtigkeit. In diesem Grundsatz sind gleich mehrere Aspekte vereint. Das Recht der Produzent*innen zum Beispiel zur Gründung von Gewerkschaften wird respektiert und gefördert. Menschen aller Geschlechtszugehörigkeiten müssen den gleichen Zugang zu Land und Produktionsmitteln erhalten. Es wird sichergestellt, dass am Arbeitsplatz keine Diskriminierung stattfindet. Fair-Handels-Unternehmen verpflichten sich dazu, keine Diskriminierung aufgrund des Alters, der sexuellen Orientierung, der Religion oder des Geschlechts zuzulassen.

Gute Arbeitsbedingungen sind vorhanden, wenn die Gesundheit und Sicherheit der Kleinbäuer*innen und Arbeitnehmer*innen am Arbeitsplatz erhalten und gefördert werden. Die Einhaltung der lokalen, nationalen Vorgaben und internationalen Arbeitsnormen wird gewährleistet. Aus- und Weiterbildung wird gezielt gefördert, um Produzent*innen und Beschäftigten wirtschaftliches und persönliches Weiterkommen zu ermöglichen.

Die Fair-Handels-Organisationen verschreiben sich der Förderung des Fairen Handels und treten auch öffentlich für die Ziele und Ideen des Fairen Handels ein, wie die gerechtere Gestaltung des Welthandels.

Der Schutz der Umwelt wird durch die Förderung kleinbäuerlicher Strukturen gefördert. Im Gegensatz zu Plantagenwirtschaft und Monokulturen großer Unternehmen bauen die zu Kooperativen zusammengeschlossenen Produzent*innen ihre Produkte häufig auf kleinen Flächen und in Mischkultur an. Faire Händler*innen unterstützen Landwirt*innen zudem bei der Umstellung von konventionellem Anbau auf Bio-Anbau.



Geschichte des Fairen Handels in Deutschland

In den 1960er und 1970er Jahren bewirkten Akteure des Globalen Nordens die Intensivierung der Landwirtschaft in vielen Regionen des Globalen Südens mit dem Einsatz moderner Maschinen, Dünger und Pestiziden sowie dem Anbau neuer Sorten. Doch die sogenannte Grüne Revolution konnte das Problem des weltweiten Hungers nicht lösen. Immer noch waren Nahrungsmittel ungleich verteilt. In den 1970er Jahren hungerten auch in Folge von durch Missernten ausgelösten Nahrungsmittelkrisen über 880 Millionen Menschen (damalige Weltbevölkerung: ca. 4 Mrd.). Die Geschichte des Fairen Handels ist eng mit der Kritik an dieser Einflussnahme der Industrieländer und an der damaligen Entwicklungshilfe verbunden, die nur zu weiteren Abhängigkeiten der Länder des globalen Südens führte. Die Jugendverbände der katholischen und der evangelischen Kirche riefen zu sogenannten Hungermärschen auf, an denen deutschlandweit 30.000 Menschen teilnahmen. Sie und weitere Akteure forderten einen gerechten, fairen Handel von gleichwertigen Partnern. 1972 wird El Puente als Fair-Handels-Unternehmen gegründet, 1973 der erste Weltladen in Stuttgart. 1975 folgt die Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt, die GEPA, die heute die größte Fair-Handels-Organisation in Deutschland ist. Während in den 1970er Jahren die Bewusstseinsbildung über die Zustände des Welthandels und der Länder des Globalen Südens mit dem Motto „Lernen durch Handeln“ im Mittelpunkt der Bemühungen der Aktiven stand, rückte in den 1980er Jahren die Produzent*innenförderung unter dem Motto „Wandel durch Handel“ stärker ins Rampenlicht. Mittlerweile gibt es in Deutschland über 900 Weltläden, von denen etwa die Hälfte dem Weltladen-Dachverband angehören. Und auch wenn bereits die Akteur*innen der ersten Stunde die Leitlinie der damaligen Entwicklungshilfe als Wohlfahrtshilfe einer Überlegenheitsgesellschaft aus dem Globalen Norden anprangerten, müssen Fair Handels-Aktive die postkolonialen Strukturen auch heute immer wieder aufbrechen und ihre eigene Rolle kritisch reflektieren. 


Die drei Säulen und die zwei Wege des Fairen Handels

Der Faire Handel beruht auf drei Säulen: 

Bildungsarbeit - politische Kampagnenarbeit - Handel mit fairen Produkten

Weltläden waren und sind Lernorte, an denen Wissen über Länder des Globalen Südens und die Ideen und Ziele des Fairen Handels vermittelt werden. Darüber hinaus machen die Fair-Handels-Aktiven mit politischen Kampagnen auf zentrale Probleme des Welthandels, wie zum Beispiel menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und die Zerstörung von Ökosystemen aufmerksam. Mit dem Verkauf fair gehandelter Produkte schließlich wird seit über 50 Jahren ein alternativer Weg zum konventionellen Handel betrieben.


Im Fairen Handel gibt es zwei verschiedene Ansätze, die meist als die zwei Wege bezeichnet werden:

Der Ansatz der 100% Fair-Händler und der sogenannten integrierten Lieferkette findet sich besonders in Weltläden wieder. Fair-Handels-Unternehmen, wie GEPA, El Puente oder Weltpartner handeln ausschließlich mit fair gehandelten Produkten. Dabei sind die Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände vom Rohstoff bis zum Endprodukt fair produziert. 

Die WFTO lässt die Einhaltung der Fair-Handels-Kriterien mittels Audits und Monitoring durch externe Beauftragte kontrollieren. In dieser Form überprüfte Fair-Handels-Unternehmen und Produzentenorganisationen finden sich auf dem Lieferantenkatalog des Weltladen-Dachverbands, den die Weltläden für ihre Bestellungen nutzen.



Den Ansatz der Produktzertifizierung verfolgt Fairtrade Deutschland, in dem es einzelnen Produkten das Fairtade-Siegel verleiht. Gemäß dem Grundsatz what can be fair, must be fair müssen alle Bestandteile eines fairtrade-gesiegelten Produktes, fair sein, sofern es sie aus Fairem Handel gibt.

Dabei müssen andere Produkte desselben Herstellers nicht unbedingt fair sein. Fairtrade-gesiegelte Produkte findet man überwiegend in Supermärkten und Lebensmitteldiscountern und sie machen heute den überwiegenden Teil am Umsatz fair gehandelter Produkte in Deutschland aus. 





Links zum Thema „Die Welt des Fairen Handels“

Hessische Initiativen:

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Für die Ohren: