Überblick

Für viele Menschen, die in Deutschland wegen des Klimawandels auf die Straße gehen, ist Klimagerechtigkeit eine Frage der Generationengerechtigkeit. Die zukünftigen Generationen haben das Recht, in einer intakten Umwelt zu leben. Die älteren Generationen haben die Pflicht, die Erde für ihre Kinder zu schützen. Junge Menschen leiden ungleich stärker an den Folgen des Klimawandels, als die Verursachergenerationen. Klimagerechtigkeit ist aber auch eine Frage der Gerechtigkeit zwischen wirtschaftlich schwachen und starken Ländern. Während die Hauptverursacher des weltweiten menschengemachten Klimawandels die sogenannten ehemaligen Industrieländer im globalen Norden sind, leiden Menschen in Ländern des Globalen Süden bereits heute besonders stark unter den Folgen, wie Klimazonenverschiebungen, Dürren oder Überschwemmungen. Das ist besonders ungerecht, da auch Menschen im globalen Süden nichts oder nur sehr wenig zum menschengemachten Klimawandel beigetragen haben. Um das 1,5°-Ziel der Pariser Klimakonferenz von 2015 einhalten zu können, muss die Politik alle nötigen und vor allen Dingen sofort wirksame gesetzliche Rahmenbedingungen für den Klimaschutz schaffen. Wirtschaftsunternehmen müssen ihren Teil zur Abmilderung des Klimawandels beitragen. Und wir Konsument*innen können neben unseren persönlichen Kaufentscheidungen auch politischen Druck auf beide ausüben. Die Verantwortung erkennen und entsprechend handeln: Für konkreten Umweltschutz und mit Aktionen gegen den Klimawandel sind hessische Initiativen aktiv, die nicht länger auf das Handeln der Politik warten. Wie etwa der Klimafairein Oberhessen, dessen Mitglieder die Sache im hessischen Mücke selbst in die Hand nahmen und vor der eigenen Haustür mit Baumpflanzaktionen begannen. Die Ortsgruppe Hochtaunuskreis der Fridays for Future war auch während der Coronapandemie aktiv. Als keine Demonstrationen stattfinden konnten, machte sie mit großen Kreidebildern auf öffentlichen Plätzen auf die Wichtigkeit ihres Anliegens aufmerksam. Eine andere Initiative war das Projekt Klasse Klima 2.0, in dem junge Menschen vielfältige Angebote für hessische Schüler*innen entwickelten und im Sinne des Peer to Peer-Prinzips (Gleichaltrige schulen Gleichaltrige) auch umsetzten.

Worum geht es beim Thema „Klimawandel und Gerechtigkeit“?

Überblick

Nord - Süd-Gerechtigkeit

Generationengerechtigkeit
Mitmachen und informieren


Nord - Süd-Gerechtigkeit

„Klimagerechtigkeit bedeutet, dass jede Person den gleichen Anspruch auf die planetaren Ressourcen hat“, sagte Leonie Bremer (Fridays for Future) im Interview mit dem Weltladen-Dachverband. Bereits heute sind Folgen des Klimawandels spürbar. Besonders stark aber in Ländern des Globalen Südens. Hier führen die Zunahme von Extremwetterereignissen, Dürren, Überschwemmungen und der Anstieg des Meeresspiegels zu existenziellen Bedrohungen für die Menschen. Neben den Auswirkungen auf Natur und Umwelt und die direkte Bedrohung für das Leben von Menschen im globalen Süden zeigen sich schon heute wirtschaftliche Auswirkungen für Produzent*innen.

Wirtschaftliche Auswirkungen des Klimawandels am Beispiel Kaffee

Die Klimaerwärmung führt zu einer Zunahme von Schädlingen, die den Anbaupflanzen zusetzen. Durch die höheren Temperaturen verschieben sich die Anbaugebiete von Kaffee in höhere, kühlere Lagen. Besitzer*innen von Kaffeeanbauflächen müssen ihr Land im schlimmsten Fall aufgeben und neue Grundstücke erwerben. Für viele Kleinbäuer*innen ist das finanziell nicht machbar, so dass sie ihren Beruf aufgeben und sich neu orientieren müssen. Nicht selten ist dies mit einem Wegzug vom Land in die Stadt verbunden. Um die verbliebenen geeigneten Anbauflächen wird es vermehrt Konflikte geben. Untersuchungen gehen davon aus, dass bis 2050 auch aufgrund des Klimawandels zwischen 1/3 bis 2/3 der Kaffeeproduktionsmenge fehlen werden. Hinzu kommt, dass ca. 60% der Flächen, die sich 2050 noch für einen Anbau eignen, heute noch bewaldet sind. Besonders in Asien werden vermehrt Flächen für die Nutzung als Kaffeanbauflächen abgeholzt. Die dadurch freigesetzten Mengen an CO2 begünstigen wiederum den Klimawandel. 

Alternative Wege

Was also tun? Ein Weg kann die Agrarökologie sein. Als übergeordnetes Denkmodell und Ansatz für eine nachhaltige Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme zielt sie auf ressourcenschonenden Anbau, Kreislaufwirtschaft sowie Erhaltung der Vielfalt im Ökosystem. Zudem betont die Agrarökologie auch die Wichtigkeit des gerechten Einkommens für Landwirt*innen. Weniger und/oder nachhaltiger Konsum und eine gesellschaftliche Transformation sind weitere Lösungsansätze, die sich auch den Themenbereichen der Ausstellung "Gutes Leben für alle" und "Verantwortlich handeln wiederfinden. Eine der größten Herausforderungen alternativer Wege wird es sein, sozial inklusiv zu wirken und alle Menschen in ihren jeweiligen Lebensrealitäten zu berücksichtige und einzubinden.

Klimagerechtigkeit und Fairer Handel

Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind Themen, die der Faire Handel seit Jahrzehnten mitdenkt, da sie elementar sind für das Leben von Produzent*innen im globalen Süden. Aber auch mit Klimagerechtigkeit beschäftigt sich der Faire Handel schon seit vielen Jahren. Die 100%-Fair Händler (GEPA, EL Puente, Weltpartner, fairband etc.) importieren landwirtschaftliche Produkte aus kleinbäuerlichen Betrieben und nicht aus großen Plantagenwirtschaften. Der Faire Handel unterstützt Produzent*innen, die umweltschonende Methoden anwenden, wie etwa ökologischen Landbau oder ihren Betrieb von einem konventionellen Anbau auf Bioanbau umstellen möchten. Viele Produkte aus dem Fairen Handel sind biozertifiziert. Mit dem Naturland fair-Siegel werden Lebensmittel gekennzeichnet, die nicht nur nach den Naturland-Kriterien produziert wurden, sondern bei denen auch soziale Kriterien eingehalten werden, wie verlässliche Handelsbeziehungen, das Bezahlen fairer Preise für die Erzeuger, den regionalen Bezug von Rohstoffen und gesellschaftliches Engagement. In ihrer politischen Arbeit hat die Fair-Handels-Bewegung in Deutschland 2008 und 2009 den Klimawandel zum Thema des jeweiligen Weltladentags gemacht, des wichtigsten, international stattfindenden Aktionstags der Weltläden. Im Jahr 2018 beschäftigte sich die Faire Woche im Rahmen ihres Jahresthemas unter anderem damit, welche Anpassungsstrategien an den Klimawandel Handelspartner*innen aus dem globalen Süden entwickeln. Und auch 2023 sowie in den folgenden Jahren werden Klimawandel und Klimagerechtigkeit aufgrund des immer größer werdenden Handlungsdrucks zur Fairen Woche und auf den Weltladentagen thematisiert.


Generationengerechtigkeit

Seit 2019 gehen in Deutschland junge Menschen als Fridays for Future sowie ihre Unterstützer*innen auf die Straße, um für ihr Recht auf (Über-)Leben in einer geschützten Umwelt zu demonstrieren. Ausgehend von Greta Thunbergs Schulstreik für das Klima hat sich Fridays for Future zu einer weltweiten Bewegung entwickelt, die sich  - zumindest in Europa - längst auch mit der Kritik von außen und von innen an sich als Bewegung (z.B. Kritik als Bewegung des sozial privilegierten Nachwuchses, weiße Bewegung) sowie mit der Abgrenzung zu anderen Bewegungen (z.B. Letzte Generation) auseinandersetzt. Ein besonderer Aspekt neben der Klimagerechtigkeit in Ländern des globalen Südens und des globalen Nordens ist die Generationengerechtigkeit. Generationengerekhtigkeit meint, dass unterschiedliche Altersgruppen von Menschen in verschiedensten Gebieten des täglichen Lebens die gleichen Voraussetzungen vorfinden. Das kann sich auf soziale, politische oder finanzielle Aspekte beziehen. Und eben auch auf ökologische. Die existenzielle Angst der jüngeren Generationen vor einem unbewohnbaren Planeten und die damit verbundenen massiven Zukunftsängste wurden auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, das der deutsche Staat alle zukünftigen Generationen aktiv vor den Folgen des Klimawandels schützen muss. Wenn auch die Verfassungsbeschwerde in Teilen abgewiesen wurde, so hat das Gericht doch Klimaschutz als Grundrecht definiert. Die früheren Generationen, die seit den Berichten des Club of Rome in den 1970er Jahren von den drohenden Folgen des menschengemachten Klimawandels wussten, haben politisch und gesellschaftlich zu wenig zu seiner Vermeidung getan. Auch vor diesem Hintergrund steckt in den Auseinandersetzungen um wirksame Methoden zur Abmilderung der Klimaerwärmung und ein schnelles Eingreifen eine enorme soziale Sprengkraft. 

Mitmachen und informieren

Wir als einzelne können durch die Veränderung unseres persönlichen Konsums den Klimawandel nicht aufhalten, da wirtschaftliche Unternehmen für den Hauptanteil der CO2-Emmisionen verantwortlich sind. Aber interessant ist dennoch, wie viele CO2-Äquivalente eigentlich in verschiedenen Tätigkeiten oder Konsumgütern stecken? Schätzt ihr es richtig ein? 





Links zum Thema „Klimawandel und Gerechtigkeit“

hessische Initiativen: 

weiterführende Links:

Materialien:

Für die Ohren:

  • Fairtont. Podcast des Weltladen-Dachverbands, 2021